News zu Kunstrasenflächen im Sport

Gibt es eine aktuelle Einschätzung / Entscheidung der zuständigen EU-Stellen zur Mikroplastik-Problematik (z.B. Austrag aus Kunstrasenplätzen)?

Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) veröffentlicht Stellungnahmen zu Mikroplastik:

Die ECHA-Ausschüsse für Risikobeurteilung (Committee for Risk Assessment, RAC ) und für sozioökonomische Analysen (Committee for Socio-economic Analysis, SAEC ) unterstützen den Beschränkungsvorschlag zum Verbot des Inverkehrbringens von bewusst zugesetztem Mikroplastik


Das RAC empfiehlt für das Verbot des Inverkehrbringens von bewusst zugesetztem Mikroplastik (z.B. in Form von Kunststoffgranulat als Infill von Kunstrasenplätzen) eine Übergangsfrist von sechs Jahren. Der Ausschuss gibt an, dass ihm unvollständige Informationen über die Wirksamkeit von technischen Maßnahmen zum Risikomanagement vorliegen, daher sei eine langfristige Freisetzung von Mikroplastik in die Umwelt nur durch ein Verbot zu verhindern. Zudem empfehlen sie auch strengere Kriterien für biologisch abbaubare Polymere. Weitere Informationen hier.

Das SAEC hat vier Szenarien mit einer Kosten-Nutzung-Analyse untersucht. Diese sind: 1) Verbot ohne Übergangsfirsten, 2) Verbot mit Übergangsfristen, 3) Verwendungs- und Berichtspflichten und 4) technische Maßnahmen zum Risikomanagement (Risiko-Management-Maßnahmen, RMM, z.B. Drainagen inkl. Auffangvorrichtungen, Abstreichvorkehrungen, besonders ausgestattete Flächen für die Vorratslagerung). Der Ausschuss kommt zu dem Ergebnis, dass Verschmutzungen durch Mikroplastik irreversibel sind und das frühzeitige Maßnahmen zur Emissionsreduzierung für die Gesellschaft von Vorteil seien könnten. Weitere Informationen hier.

Zu Kunststoffrasensystemen stellte SAEC fest, dass technische Maßnahmen zur Minimierung des Austrags weniger kosten würden als ein Verbot, ein Verbot langfristig jedoch wirksamer sei. Die Mitglieder von SAEC erklären, dass sie aufgrund der verfügbaren Informationen keine Variante gegenüber der anderen bevorzugen.

Ende August 2022 veröffentlichte die EU-Kommission Ihren Beschränkungsvorschlag, der vorsieht, ein Inverkehrbringungsverbot (= Verkaufsverbot) von Kunststoff-Granulaten, die auf Kunststoffrasenplätzen verwendet werden, einzuführen. Hierfür wird eine Übergangsfrist nach Inkrafttreten der Verordnung von sechs Jahren vorgesehen.
Die Kommission begründet ihren Vorschlag damit, dass RMM´s schwer durchzusetzen und teuer sind,
die Granulatfreisetzung zwar reduzieren, aber nicht unterbinden. Somit hänge die Wirksamkeit vom persönlichen Verhalten der Sporttreibenden und des Wartungspersonals ab.
Langfristig sei ein Verbot die beste Option zur Minimierung der Granulatfreisetzung.
Es sind keine unmittelbaren Auswirkungen auf Bestandsplätze, insbesondere keine Nutzungseinschränkungen für bereits Kunststoff-Granulat-verfüllte Bestandsplätze zu befürchten, kostenintensiven Risikomaßnahmen sind nicht vorzunehmen.

Eine aktuelle Sitzung der REACH-Kommission (registration, evaluation, authorisation and restriction of chemicals bzw. Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung von Chemikalien) am 27. April 2023 hat den EU-Gremien nunmehr einen neuerlichen Beschluß vorgelegt, der besagt, dass das Inverkehrbringungsverbot nunmehr nicht mehr nur für Kunststoffrasensysteme gilt, sondern wohl auf alle synthtischen Sportböden ausgeweitet wurde soll und die Übergangsfrist von sechs Jahren auf acht Jahre verlängert werden soll (eine genaue Definition, was unter synthetischen Sportböden zu verstehen ist, fehlt bisher).

Am 25. September 2023 hat nunmehr die EU-Kommission die Verwendung von Mikroplastik, das Produkten im Rahmen der REACH-Verordnung bewusst zugesetzt wird, einschränkt. Neben der Verwendung in einer Vielzahl von Kosmetik- und Hygieneprodukten ist davon insbesondere auch die Verwendung von Kunststoffgranulaten als Füllmaterial von künstlichen Sportflächen (Kunstrasen-Sportflächen) final geregelt worden. Das damit zusammenhängende Inverkehrbringungsverbot von Kunststoffgranulaten als Füllmaterial tritt nach einer Übergangszeit von acht Jahren im Oktober 2031 in Kraft.
Für weiterführende Informationen nutzen Sie bitte die Pressemitteilung der EU-Kommission (https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_23_4581 und
https://germany.representation.ec.europa.eu/news/neue-eu-verordnung-verhindert-umwelt-verschmutzung-durch-mikroplastik-2023-09-25_de)
bzw. die Informationen des Dt. Olympischen Sportbundes (DOSB): https://www.dosb.de/sonderseiten/news/news-detail/news/zukuenftiges-verkaufsverbot-von-mikroplastik-zur-verwendung-auf-sportstaetten.

Gibt es neue Erkenntnisse zum sportbezogenen Eintrag (Reitsportböden, Kunstrasenfelder) von (Mikro-)Plastik in die Umwelt

DOSB-Arbeitsgemeinschaft "Mikroplastik durch Sport in der Umwelt“ legt (Zwischen-)Ergebnisse vor

Der sportbezogene Eintrag von (Mikro-)Plastik in die Umwelt und mögliche, von Sportbelägen, Sporttextilien und Sportveranstaltungen ausgehende Gesundheits- und Umweltbelastungen werden immer häufiger wissenschaftlich problematisiert, in sport- und umweltpolitischen Zusammenhängen diskutiert und medial thematisiert. Dies hat potenziell negative Auswirkungen auf die Sportentwicklung und erfordert daher ein abgestimmtes, proaktives Vorgehen der Sportorganisationen. Der DOSB hat im Frühjahr 2019 eine Arbeitsgruppe eingerichtet, in der Fachleute aus den Sportorganisationen, den kommunalen Spitzenverbänden, dem Umwelt- und Wissenschaftsbereich sowie der Wirtschaft vertreten sind. Die Arbeitsgruppe stellt einen kontinuierlichen Informationsaustausch und Wissenstransfer zum gesellschaftlich bedeutsamen Thema der Umweltverschmutzung durch Plastik und dessen Bezügen zum Sport sicher.

Die AG „Mikroplastik durch Sport in der Umwelt“ hat zwei Grundsatzpapiere erarbeitet, die vom DOSB-Vorstand am 20. April 2020 zustimmend zur Kenntnis genommen wurden und nun veröffentlicht werden:
 

  1. Handlungsempfehlungen bei Gestaltung von neuen bzw. Betrieb von bestehenden Kunststoffrasensystemen mit Kunststoffgranulat als Füllstoff für Sportvereine und -verbände sowie Kommunen.
  2. Grundsätzliche Positionen sowie Empfehlungen für Fördermittelgeber und Industrie zu Kunststoffrasensystemen

Der gemeinwohlorientierte Sport kann und will seinen Beitrag dazu leisten, die Umweltverschmutzung durch Mikroplastik zu reduzieren. Wir hoffen, dass die nun vorliegenden „Handlungsempfehlungen“ und „Positionen“ zur Reduzierung bzw. Vermeidung von synthetischen Füllstoffen in Kunststoffrasensystemen führen.

Hier eine aktuelle Broschüre des DOSB / Bundesinstituts für Sportwissenschaften (BISp): Faktenpapier - FÜLLSTOFFE IN KUNSTSTOFFRASENSYSTEMEN IM SPORT - Informationen und aktuelle Entwicklungen

Auch in den Tretschichten von Reitsportböden (indoor und outdoor) finden neben natürlichen Zuschlagsstoffen auch synthetische Füllstoffe Verwendung. Fällt die Wahl auf einen synthetischen Reitboden oder werden synthetische Zuschlagsstoffe zugesetzt, müssen sich Reitplatzbetreiber*innen damit beschäftigen, ob damit Auswirkungen auf die Umwelt verbunden sind und wie der Boden später fachgerecht entsorgt werden kann. Bisher gab es für die Verwendung von Kunststoffen in Reitböden keine genauen Anforderungen. Seit kurzem gibt es nun ein Arbeitsblatt, das Vereinen und Betrieben eine wichtige Hilfestellung für die umweltfachliche Bewertung etwaiger Schadstoffe und Mikroplastik sowie die abfallrechtliche Einstufung gibt. An der Erstellung des Arbeitsblatts haben Reitplatzfirmen, Materialproduzent*innen und Verbände unter der Führung des NRW-Landesamtes für Natur,- Umwelt- und Verbraucherschutz (LANUV) mitgewirkt.

Das Arbeitsblatt richtet sich an Besitzer*innen und Betreiber*innen von Reitplätzen im Freien sowie in Hallen, die zukünftig Reitplätze neu anlegen oder bestehende Reitplätze sanieren und dabei kunststoffhaltige Tretschichten einsetzen möchten. Auch bei der Pflege bestehender kunststoffhaltiger Tretschichten sollen in Zukunft die Anforderungen des Arbeitsblattes an die dabei neu verwendeten Kunststoffmaterialien berücksichtigt werden. Außerdem wendet sich das Arbeitsblatt an Hersteller*innen und Lieferanten*innen von Kunststoffmaterialien zur Nutzung in Tretschichten sowie an Reitplatzbauer*innen, die kunststoffhaltige Tretschichten auf Reitplätzen einbauen.

Das Arbeitsblatt beschreibt konkrete Anforderungen an Kunststoffmaterialien, die für Tretschichten auf Reitplätzen verwendet werden sollen, mit Blick auf die Freisetzung von Chemikalien in Boden und Grundwasser. Darüber hinaus bietet es eine abfallrechtliche Einordnung dieser Kunststoffmaterialien und beschreibt die Entsorgungsmöglichkeiten der kunststoffhaltigen Tretschicht nach Gebrauch. Diese Themen betreffen sowohl Sand-Kunststoffgemische als auch vollsynthetische Tretschichten, z.B. aus aufbereiteten Teppichresten. In einem separaten Hintergrundpapier wird erläutert, wie die im Arbeitsblatt 53 festgelegten Beurteilungs- und Orientierungswerte hinsichtlich der Chemikalienfreisetzung durch Nutzung von Kunststoffmaterialien als Tretschicht abgeleitet worden sind. Die Entscheidung für geeignete Materialien zur Herstellung von Tretschichten umfasst viele Aspekte. Das LANUV-Arbeitsblatt 53 sowie das Hintergrundpapier stellen dafür die fachlichen Grundlagen mit Blick auf den Umweltschutz in NRW bereit. Quelle: Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen

Das Arbeitsblatt sowie das Hintergrundpapier können eingesehen bzw. als download (kostenfrei) bezogen werden.

Weitere aktuelle Informationen, FAQs, Downloadmöglichkeiten und Ansprechpartner im DOSB zu dieser Thematik sowie einen Überblick über die Fördersituation von Kunststoffrasenplätzen in den Bundesländern finden Sie unter: www.dosb.de/mikroplastik.

Spielfelder mit Kunstrasen und Kunststoffgranulaten als Infill in der Kritik

Seit 20. März 2019 liegt der Europäischen Kommission ein Vorschlag der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) vor, die Verwendung von Produkten, die als Mikroplastik anzusehen sind und nicht in einer Grundmasse eingebunden sind, deutlich einzuschrän­ken. Demnach könnte das Inverkehrbringen von Kunststoffgranulaten als Schüttgut zur Verwendung in Kunststoffrasensystemen von 2021 an verboten werden. Derzeit läuft ein sog. Kon- sultationsverfahren, bei dem zahlreiche Institutionen ihre Stellungnahme hierzu abgeben können (siehe unten).

Unter der Federführung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) hat sich eine Arbeitsgruppe aus Mitgliedern von Sportverbänden (u.a. Deutscher Fußball-Bund, DFB) und der Wissenschaft konstituiert. Die Arbeitsgruppe bereitet eine Stellung­nahme an die ECHA vor, in der u.a. gefordert wird, dem gemeinwohlori- entierten Sport vor Inkrafttreten des Kunststoffgranulat-Verbots eine Übergangsfrist von mindestens sechs Jahren einzuräumen, wie die ECHA dies auch für andere betroffene Produkte vorgesehen hat.

Für den Sport in Schleswig-Holstein geben der Landessportverband S.-H. (LSV) und der Schleswig-Holsteinische Fußballverband (SHFV) folgende Hinweise und Empfehlungen:

  • nach aktuellem Kenntnisstand sind Gesundheitsgefahren als unwahrscheinlich zu bewerten (bei der Verfül- lung der Kunstrasenplätze in Deutschland werden nur zuge­lassene und geprüfte Baustoffe eingesetzt),
  • zur Abschätzung der Umweltgefahren durch (Mikro)Plastikeintrag in die Umwelt lie­gen derzeit für Deutschland keine gesicherten Erkenntnisse vor,
  • sowohl das Land Schleswig-Holstein als auch der LSV werden ihre Förderrichtlinie derzeit nicht ändern,
  • derzeit mit Kunststoffgranulaten verfüllte Kunstrasenfelder dürfen weiterhin genutzt werden,
  • bei der Errichtung und der Pflege von Kunststoffrasenfeldern sollten in Abstimmung mit den Fachleuten, die verwendeten Füllmaterialen sorgfältig ausgewählt werden,
  • nach derzeitigem Kenntnisstand scheint die Verfüllung mit Quarzsand und Kork bzw. nur mit Quarzsand mit dem geringsten Risiko eines drohenden Verbotes behaftet zu sein,
  • LSV und SHFV sind der Auffassung, dass weitere Prüfungen zur Nutzung von umwelt­freundlichen Materialien vorzunehmen sind,
  • LSV und SHFV begrüßen es, wenn weitere Untersuchungen zur gesundheitlichen Wir­kung der zugelassenen Baustoffe oder alternativer Füllmaterialien im Kunstrasen durchgeführt werden.

Für die Gesamtdiskussion ist es wichtig zu erkennen, dass Spielfelder mit Kunstrasenflä­chen

  • die Möglichkeit des ganzjährigen Spielbetriebs,
  • die Mehrfachnutzung für verschiedene Sportarten,
  • die Kooperationen wie z.B. Schule/Verein häufig erst
    ermöglichen.

Sofern das ECHA-Verfahren ohne Übergangsfristen umgesetzt wird und der Spielbetrieb auf Kunststoffgranulat verfüllten Spielfeldern stattfindet, droht durch ein Verbot der Kunststoffgranulate eine schwerwiegende Behin- derung bis hin zum Zusammenbruch der Spielbetriebe. Zudem kann es durch die notwendigen Sanierungsmaß- nahmen (Wechsel des Füllmaterials) zu erheblichen finanziellen Belastungen der Vereine und von kommunalen Trägern sowie zu Nutzungsbeschränkungen von öffentlichen Flächen insbesondere im Bereich Schule und Verein kommen.

Wer sich vertiefend mit der Problematik der Kunstrasenfelder und der Kunststoffgranulat­verfüllung auseinan- dersetzen möchte, findet beim DOSB weitere Informationen.

Der Deutsche Fussball-Bund (DFB) hat im August 2021 eine Handlungsempfehlung veröffentlicht, die Tipps und Ratschläge bereit stellt, wie mit bestehenden Kunstrasenfeldern umgegangen werden sollte, damit ein Austrag von Kunststoff-Partikeln effektiv vermieden werden kann.