LSV-Präsident Tiessen fordert Umdenken und veränderte politische Kultur im Land: Mehr Anerkennung und Unterstützung für Vereine und Verbände!
Der Landessportverband Schleswig-Holstein (LSV) hat heute (25. Januar 2017) anlässlich seines 70-jährigen Bestehens zum Forum „Sport und Politik“ in die Business-Lounge der Sparkassen-Arena-Kiel eingeladen. Über 300 geladene Gäste aus Sport, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft folgten der Einladung des LSV.
„Wir brauchen ein Umdenken, eine veränderte politische Kultur im Land, in der die wertvolle Arbeit und die elementare gesellschaftsgestaltende Kraft des Sports mit seinen Sportvereinen und -verbänden eine Anerkennung und Unterstützung erfährt, die seiner herausragenden sozialen und die Gesellschaft stabilisierenden Leistungen tatsächlich entspricht. Sport muss künftig noch mehr als bisher eine Querschnittsaufgabe für die Politik darstellen, über alle Ressorts hinweg, denn Sport findet tatsächlich in der Mitte der Gesellschaft statt“, sagte LSV-Präsident Hans-Jakob Tiessen in seiner Eröffnungsrede.
In seiner Rede fasste Tiessen die Entwicklung des aktuell in 2.600 Sportvereinen und nahezu 70 Verbänden unter dem Dach des Landessportverbandes organisierten Sports in Schleswig-Holstein in den vergangenen sieben Jahrzehnten unter dem Motto „Der Sport in Schleswig-Holstein – gut für die Menschen – ein Gewinn für das Land“ zusammen. Der LSV-Präsident wies darauf hin, dass die Sportvereine und -verbände im Land mittlerweile substanziell auf vielfältige Weise zur Lösung komplexer gesellschaftlicher Herausforderungen beitragen, die weit über deren ursprüngliche Aufgabe als reine Sportanbieter hinausgehen. Zugleich sei aber festzustellen, dass die Berücksichtigung der Belange des Sports im politischen Denken und Handeln in Schleswig-Holstein nicht hinreichend dieser gewachsenen Bedeutung entspricht.
Beispielhaft nannte Tiessen dringenden Handlungsbedarf in den Bereichen Bildungspolitik und Sozialpolitik. In einer Zeit, in der zunehmend gravierende motorische Defizite mit zum Teil erheblichen gesundheitlichen Folgen schon bei Kindern und Jugendlichen festzustellen sind, und einer Schulwirklichkeit, in der Sport vielfach und gerade in den ersten prägenden Schuljahren von fachfremden Lehrern unterrichtet wird, müsse das Privileg der Schule genutzt werden, JEDES Kind erreichen zu können. Tiessen appellierte an die Politik, dem Sportunterricht als einzigem Bewegungsfach in der Schule endlich eine angemessene Bedeutung zu geben und die täglichen Bewegungszeiten in allen Schulformen deutlich zu erhöhen.
Der LSV-Präsident betonte die herausragende Bedeutung der Sportvereine als Stabilisatoren der Gesellschaft, die bis in die kleinsten Kommunen des Landes hineinwirken – gerade jetzt, in einer gesellschaftlichen Situation, in der viele Menschen mit den Errungenschaften der Demokratie weniger anfangen können und Populismus, Abschottung und Isolation allerorten zunehmen. In diesem Zusammenhang nannte Tiessen die Programme „Sport für ALLE“, „Integration durch Sport“, „Sport gegen Gewalt, Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit“ und „Kein Kind ohne Sport!“, die allesamt erhebliche Beiträge zum sozialen Frieden beisteuern. Darüber hinaus seien in 2015 und 2016 ca. 15.000 geflüchtete Menschen in den Sportvereinen des Landes aufgenommen worden. Der Sport sei damit DER zentrale Integrationsmotor. Deshalb bedürfe es insgesamt eines klareren Bekenntnisses zur Stärkung der Vereine und Verbände mit ihrer hohen sozialen Bindungskraft – und dieses nicht nur ideell, sondern auch finanziell.
Tiessen ging ins seiner Rede weiterhin auf das Thema Lebensqualität ein, wobei er die gesundheitsfördernden Angebote des Sports, die Aktivitäten der Vereine und Verbände für den Umwelt- und Klimaschutz skizzierte und die Bedeutung des Sports in Schleswig-Holstein als Wirtschaftsfaktor und für den Arbeitsmarkt hervorhob. 45.000 sozialversicherungspflichtig Erwerbstätige im Sportsektor, der im Land einen Umsatz von 5 Milliarden Euro generiere, seien bemerkenswert.
„Wir sehen die in den letzten Jahren erfolgten Schritte des Landes zum Ausbau der Sportförderung etwa mit dem Ziel des Abbaus des Sanierungsstaus bei Sportstätten, zur Unterstützung der Flüchtlingsarbeit oder zur institutionellen Förderung des Sports als Schritte in die richtige Richtung, halten aber gerade die institutionelle Förderung durch das Land für nicht ausreichend. Bisher konnte noch nicht einmal der massive Werteverlust, den die Sportförderung insgesamt in den letzten drei Jahrzehnten erfahren hat, aufgefangen werden. Die seither zusätzlich durch den Sport übernommenen Aufgaben – insbesondere im sozialen und Gesundheitsbereich − durch welche die öffentliche Hand deutlich entlastet wird, sind dabei noch nicht einmal berücksichtigt“, so Tiessen.
Nach einem Grußwort von Innen- und Sportminister Stefan Studt beschäftigte sich DOSB-Vizepräsident Walter Schneeloch in seinem Vortrag mit dem Thema„ Der Sport – die starke Kraft in der Mitte der Gesellschaft“. Schneeloch vertrat in Kiel DOSB-Präsident Alfons Hörmann, der seine Teilnahme am Forum kurzfristig absagen musste. Ein prominent besetzter und von den Moderatorinnen Juliane Möcklinghoff und Kirsten Bruhn, dem ARD-Moderationsteam der Paralympics Rio 2016, geleiteter Politiktalk widmete sich dem Thema „Die Zukunft des Sports in Schleswig-Holstein – Politik bezieht Position“. Es diskutierten Daniel Günther (Vorsitzender CDU Landtagsfraktion), Wolfgang Kubicki (Vorsitzender FDP Landtagsfraktion), Lars Harms (Vorsitzender des SSW im Landtag), Martin Habersaat (Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD Landtagsfraktion), Burkhard Peters (innen- und rechtspolitischer Sprecher der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen) und Torge Schmidt (Stellvertretender Vorsitzender der Piratenfraktion im Landtag).